So kann Trauern in Zukunft aussehen

Möchten Sie mit den Toten sprechen? Das könnte bald funktionieren. Sie brauchen dafür keine speziellen Fähigkeiten, denn durch künstliche Intelligenz wird das vielleicht bald möglich. Wir zeigen Ihnen wie.
Ein älterer Mann sitzt mit einer Frau auf einer Bank und blickt auf einen geöffneten Laptop.
Bildquelle: Adobe Stock.

Jeder Mensch trauert anders. Die einen sprechen mit Angehörigen über ihre Erinnerungen über die verstorbene Person, die anderen sehen sich Fotos an oder lesen alte Briefe, Karten oder Nachrichten. Sich an die verstorbene Person zu erinnern, ist ein fester Bestandteil der Trauerbewältigung. Eine neue Technik revolutioniert diesen Trauerprozess.

Obwohl man sich an die Verstorbenen erinnert, wird man zu Lebzeiten wohl nicht mehr mit ihnen sprechen können. Bis jetzt. Durch künstliche Intelligenz (KI) wird Angehörigen nun ermöglicht sich über Chatbots oder Avatare mit den Verstorbenen zu unterhalten.

Wie Sie mit den Toten schreiben können

Durch Fotos, Videos und Tonaufnahmen ermöglichen verschiedene Firmen Menschen, ein digitales Abbild von ihnen im "digital Afterlife" zu erstellen. Dieses digitale Leben nach dem Tod soll nach ihrem Ableben aktiv werden.

So funktioniert das:
Die gesammelten Aufnahmen (z. B. Text-, Sprachnachrichten und aufgezeichnete Telefonate) und Informationen werden von einer künstlichen Intelligenz gespeichert. Die KI wird darauf trainiert, wie der verstorbene Mensch zu schreiben und passt sich so dem Sprachmuster der Person an.

Beispielsweise können Enkelkinder Gute-Nacht-Geschichten in der Stimme der verstorbenen Großmutter vorgelesen bekommen. Auch mit der Generierung von neuen Antworten der KI wird bereits experimentiert.

Virtuelle Avatare von Ihren Liebsten

Angehörige haben auch die Möglichkeit über eine 3D-Darstellung der Verstorbenen, einem virtuellen Avatar, mit ihnen zu interagieren. Ein US-amerikanisches Grief-Techunternehmen namens You, only virtual (YOV) ermöglicht diese Kommunikationsform. Je mehr Daten über die verstorbene Person vorhanden sind, desto realistischer scheint die Interaktion mit der künstlichen Intelligenz.

Zwei Gefahren bei dieser Trauerform

  1. Wenn Trauernde nicht loslassen können:
    Wenn Angehörige immer wieder Kontakt mit den Verstorbenen über die künstliche Intelligenz aufnehmen wollen, besteht die Gefahr, dass sie in ihrem Trauerprozess behindert werden. Manche Trauernde könnten nicht realisieren, dass die Person, mit der sie kommunizieren, nicht die reale Person ist. Vor allem Kinder könnten nicht zwischen einer digitalen Kopie der Person und dem realen Menschen unterscheiden.
     
  2. Datenmissbrauch:
    Die gesammelten Daten und generierten Avatare der verstorbenen Person könnten missbraucht werden. Beispielsweise ist noch nicht klar geregelt, wer Avatare von Verstorbenen erstellen darf. Diese Erstellung benötigt bisher keine Zustimmung der Verstorbenen. Die erzeugten Avatare können also auch ein verfälschtes Bild der Person wiedergeben oder aus manipulativen Gründen eingesetzt werden.

    Auch ist noch nicht geklärt, was mit den Daten passiert, wenn die Hinterbliebenen nicht mehr auf den Avatar oder die künstliche Intelligenz zugreifen möchten. Die Daten würden trotzdem noch auf Servern gespeichert bleiben.

Chancen dieser Trauerform

Gleichzeitig kann die Interaktion mit der KI den Trauerprozess nach Dr. Jessica Heesen unterstützen, wie es Gräber tun. So wie manche Menschen am Grab mit den Verstorbenen sprechen, kann das nach Dr. Heesen auch mit Hilfe der KI geschehen, nur dass der Verstorbene hier antwortet.

Die Psychologin Vanessa Horn ist der Meinung, dass gerade für Trauernde, die sich nochmal bei ihren Liebsten verabschieden möchten, die KI im Trauerprozess unterstützend wirken kann. Ein falscher Umgang mit der KI könnte aber auch zu Traumata führen.

Ob diese Trauerform für Sie geeignet ist, müssen Sie wohl selbst abwägen. Bis entsprechende Datenschutzregelungen endwickelt worden sind und die künstlichen Intelligenzen „Gespräche“ führen können wird es wohl noch etwas dauern.